Die funktionellen Qualitäten

Die Faszien – das Organ der Form

Das Fasziensystem beinhaltet, funktionell betrachtet, alle Arten faserigen Bindegewebes, die als Teil eines hochkomplexen körperweiten Zugspannungs-Netzwerkes fungieren. Es ist das Bindegewebe, das Muskeln, Gelenke, Nerven, Blutgefässe und Organe umschliesst und verbindet, aber auch differenziert.

Das Fasziennetz verleiht unserem Körper seine ganz individuelle Form. Als Grundstruktur bestimmt es unsere Haltung, unsere Bewegungsfreiheit und die Wahrnehmung des Körpers. Die Muskeln sind funktionell untrennbar mit den Faszien verbunden, sie bilden das myofasziale System. Die dem faszialen System innewohnende Spannkraft ermöglicht weitreichende mehrdimensionale Kraftübertragung und dynamische Stabilisation.

Morphologisch bestehen Faszien aus extrazellulärer Matrix und Zellen. Die extrazelluläre Matrix setzt sich aus der Grundsubstanz, den Bindegewebefasern und Verbindungsproteinen zusammen. Drei Zellarten – Fibroblasten, Myofibroblasten, Fasciazyten – sind hauptsächlich für den Aufbau und die Funktionalität der Faszien verantwortlich.

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Faszien – geheimnisvolle Welt unter der Haut

Die funktionellen Qualitäten des myofaszialen Systems

Spannkraft und Tensegrität

Die Spannkraft des Fasziennetzwerks unterstützt die Haltungs- und Bewegungsbalance des menschlichen Körpers. Sie ermöglicht mehrdimensionale Kraftübertragung, macht den Körper resilienter und entlastet ihn. Die Tensegrität, von Tension und Integrität, ist ein fundamentales Bauprinzip des Lebens. Dieses belastungsverteilende System ermöglicht körperweite dynamische Stabilisation, Anpassungsfähigkeit, weitläufige Kraftübertragung und Räumlichkeit.

Faszien als Sinnesorgan

Das zentrale Nervensystem erhält den umfangreichsten sensorischen Input vom myofaszialen System. Die Faszien sind unser reichhaltigstes Sinnesorgan, unser sechster Sinn. Zusammen mit den anderen fünf Sinnesorganen bilden sie das Organ der Kinästhesie. Kinästhesie beinhaltet Propriozeption, Interozeption und Exterozeption.

Anpassungsfähigkeit

Faszien sind das anpassungsfähigste Organ des menschlichen Körpers – im Guten wie im Schlechten. Und das ein Leben lang. So, wie wir wahrnehmen, wie wir uns halten, verhalten und bewegen, so baut sich die kollagene Architektur langsam, aber nachhaltig um und hält dadurch den funktionellen Ansprüchen stand. Zudem ermöglicht die inhärente Spannkraft und Viskoelastizität von Faszien sofortige reaktive Bewegungsanpassungsfähigkeit.

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Fluidität und Gleitfähigkeit

Faszien sind extrazelluläre Matrix, der wässrige Lebensraum von Zellen. Die Fluidität des Gewebes ist für die Gesundheit und die Selbstheilungskräfte von essentieller Bedeutung.
Die Perifascia bilden Gleitschichten zwischen den myofaszialen Strukturen. Gleitfähigkeit ist eine Form der gesunden Gewebedifferenzierung und ermöglicht Bewegungsgeschmeidigkeit.
Fasziale Fluidität und Gleitfähigkeit sind essenziell für myofasziale Viskoelastizität und Resilienz. Adhäsionen können Bewegungen und das freie Fliessen von Flüssigkeit einschränken.

Mehrdimensionalität

Die faserige Architektur der Faszien ist von Natur aus und aufgrund unserer vielfältigen Bewegungsmöglich­keiten mehrdimensional. Diese Mehrdimensionalität verleiht dem Körper die Freiheit, sich in jede Richtung und in jedem Rhythmus zu bewegen und anzupassen. Sie ist wesentlich für die Tensegrität und die Anpassungsfähigkeit.

Plastizität

Faszien besitzen natürliche Plastizität: die Fähigkeit des Gewebes, Form zu geben und unter bestimmten Bedingungen selbst formbar zu werden.
Wenn Faszien aufgespannt und für einige Minuten in verlängerter Position gehalten werden, entsteht ein Gefühl der Verlängerung und des Schmelzens. Praktiziert man dies regelmässig, bleibt das Gewebe verlängert und die Bewegungsfreiheit vergrössert sich.

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Tonusregulation

Durch die unwillkürlichen Kontraktionen der Fibroblasten und Myofibroblasten regulieren Faszien ihren Tonus auch selbst, unabhängig von einem Muskel- oder Nervenimpuls. Dieser Faszientonus ist ein Grad von Gewebefestigkeit, er unterstützt strukturelle Integrität, Gelenke werden anpassungsfähig stabilisiert. Sind die Faszienhüllen tonisiert und anpassungsfähig, sind die Muskeln gut geformt und in ihren Funktionen optimal unterstützt.

Muskelkollaboration und Kraftübertragung

Muskeln sind strukturell untrennbar mit Faszien verbunden: Die Funktionalität des Körpers beruht auf deren harmonischem Zusammenspiel. Faszien sind ein mehrdimensionales und aktives Kraftübertragungssystem und sorgen damit für eine Form mechanischer Kommunikation. Lokale Spannungsveränderungen werden dem gesamten Körper mitgeteilt und lösen körperweit Reaktionen aus.

Elastizität

Faszien sind elastisches Gewebe. Sie können sich aufspannen und zurückziehen. Deshalb haben sie die Fähigkeit, kinetische Energie zu speichern und freizusetzen – ein Beispiel dafür ist der Katapultmechanismus.
Sind Kollagenarchitektur und Viskoelastizität der Faszien vorhanden und werden sie ausreichend elastisch aufgespannt, wird die Energie der Faszien begünstigt und weniger Muskelenergie wird benötigt. Bewegungen werden effizienter und ökonomischer.

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